Peak Season

12.03.2021

Seefrachtsituation mehr als angespannt

Die Logistikbranche wird derzeit durch mehrere Faktoren vor enorme Herausforderungen gestellt. Vor allem der globale Seefrachtmarkt ist betroffen, hier haben sich die Ereignisse in den letzten Wochen überschlagen. Wie ist es zu dieser Situation gekommen?
 

Wirtschaftliche Lage

Der asiatische Wirtschaftsmarkt hat sich als erster von den Auswirkungen der Covid19-Pandemie erholt. Insbesondere die Volksrepublik China erlebt seit dem zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres einen konjunkturellen Aufschwung und konnte als weltweit einzige große Wirtschaftsnation im Jahr 2020 ein Wachstum erzielen. Vor allem im vierten Quartal profitierte die Volksrepublik von der Nachfrage nach seinen Produkten – wie medizinische Ausrüstung (z. B. Masken) oder auch IT-Hardware (z. B. Laptops für das Home Office) – und konnte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Wachstum von 6,5 Prozent erzielen.

 

Equipment Imbalance

Durch diesen extremen Nachfrageüberhang der Exporte ab asiatischen Ländern sind dort die Frachtraten extrem gestiegen und haben die Reedereien dazu veranlasst, jedes verfügbare Equipment (Leercontainer) dorthin zu verschiffen, um an den hohen Erlösen auf den Routen nach Europa und Nordamerika zu partizipieren. Das hat zur Folge, dass sich in Europa die Verfügbarkeiten für Containerequipment drastisch reduziert haben, sodass diverse Carrier bereits bestätigte Buchungen kurz vor der Gestellung stornieren oder erst für deutlich spätere Schiffsabfahrten annehmen und damit sowohl Spediteure als auch Verlader im Regen stehen lassen. Hinzu kommen die seit Jahren bekannten Engpässe an den Terminals beim Umschlag von Truck, Bahn bzw. Binnenschiff auf das Seeschiff – verbunden mit Wartezeiten und dem Verpassen von Schiffsclosings und den geplanten Abfahrten.

 

Surcharge meets GRI

Auch die Frachtkapazität für den Seetransport kann nur als problematisch beschrieben werden. Die Schiffe sind bis Ende März fast vollständig ausgebucht, kurzfristige Buchungen sind nur selten möglich. Reedereien helfen sich durch Einführung neuer Zuschläge wie der Peak Season Surcharge, einer Equipment Imbalance Surcharge oder einer Heavyweight Surcharge, um die entstandenen Kosten bestmöglich decken zu können. Eine Verbesserung der Situation wird dadurch jedoch nicht erreicht. Neben diesen neuen Surcharges haben die Reedereien ihre generellen Frachtraten deutlich angehoben (General Rate Increase). Dabei wird die Gültigkeit der Raten auf einen recht kurzen Zeitraum von ca. vier bis acht Wochen definiert. Die Bandbreite der Raten ist somit extrem gestiegen, was den Spediteuren die Abgabe eines verlässlichen Angebotes deutlich erschwert.

 

Schnittstellen

Hinzu kommen erhebliche Probleme an den Schnittstellen der Containerlogistik. Die Seehäfen werden durch die eingehenden Containermassen förmlich verstopft. So kam es Anfang Februar an der kalifornischen Küste zu einem historischen Stau an Containerschiffen: In der San Pedro Bay lagen über 30 Schiffe mehrere Tage vor Anker, die darauf warteten, ihre Ladung in den Zwillingshäfen von Los Angeles und Long Beach löschen zu können. In den Häfen lag bereits eine vergleichbare Anzahl an Schiffen. Aufgrund der aktuellen Situation sind viele Terminalbetreiber dazu übergegangen, Container max. 48 Stunden vor Beladung anzunehmen, um so dem Platzmangel Herr zu werden, was die zeitliche Transportplanung weiter erschwert. 

Doch ein Peak ist durch die anstehenden Importcontainer aus Asien, die vor dem chinesischen Neujahr verschifft wurden, noch nicht erreicht. Bereits hier entstehen Wartezeiten in der Bereitstellung der Container, die dann durch die begrenzten Truck- und Bahnkapazitäten für den Weitertransport noch verlängert werden. Somit kommt es hier zu zusätzlichen Kosten für die Lagerung, die gemäß den BL-Klauseln seitens der Reedereien zu Lasten der Ware berechnet werden. 

 

Überlastungen und Verzögerungen

Die Überlastung der Häfen und deren reduzierte Leistungsfähigkeit durch die Covid19-Einschränkungen haben zusammen mit dem hohen Ladungsaufkommen zu erheblichen Verzögerungen bei der Verschiffung geführt. Gemäß einer Sea-Intelligence-Studie hat die Termintreue der Reedereien im Januar 2021 mit 34,9 Prozent ein Rekordtief erreicht. Das bedeutet, dass lediglich ein Drittel aller Schiffe in diesem Monat sein Ziel pünktlich erreicht hat. Auf den stark frequentieren Ost-Westrouten muss man derzeit mit einer durchschnittlichen Verzögerung von sechs bis neun Tagen rechnen. Dies bringt nicht nur wöchentliche Dienste in die Bredouille. Hat ein Schiff seinen Zielhafen erreicht und die Ladung ist gelöscht, besteht die Gefahr, dass die Container nicht schnell genug abtransportiert werden und zu lange im Hafenterminal verbleiben. Lagerkosten sind die Folge. Durch die globale Verkettung der Transportleistungen summieren sich sowohl zeitliche Verzögerungen als auch Transportkosten. Die Auswirkungen auf die Lieferketten sind immens, was sowohl Unternehmen als auch Verbraucher weltweit zu spüren bekommen.

 

Lückenlose Kundenbetreuung

Mit persönlichem Einsatz und langjähriger Expertise im Seefrachtgeschäft setzen wir bei EgeTrans täglich alle Hebel in Bewegung, um die Auswirkungen dieser beispiellosen Situation für unsere Kunden abzumildern. Mit hohem Engagement konnten wir in den letzten Wochen bereits einige kurzfristige Lösungen finden, die allerdings meist mit höheren Kosten verbunden waren, die wir oftmals nicht an unsere Kunden weitergeben wollten oder konnten. Doch das Ausmaß neuer Zuschläge und Ratenerhöhungen schränkt unsere Handlungsfähigkeit zunehmend ein. Die Auswirkungen werden wir unseren Kunden proaktiv und zeitgerecht kommunizieren. 

EgeTrans hat in den letzten Jahren seine Kapazitäten für die letzte Meile per Truck zwar mehr als vervierfacht, dennoch sind Wartezeiten vor den Seehafen- und Bahnterminals leider momentan die Regel und nicht die Ausnahme.  Unsere Kunden bitten wir um Verständnis, wenn diese Zusatzgebühren außerhalb unseres Einflussbereiches liegen und somit unvermeidbar sind. Alle EgeTrans-Ansprechpartner stehen uneingeschränkt zur Verfügung und werden gemeinsam mit allen involvierten Mitarbeitern eine passende Lösung für jede individuelle Anforderung finden.

 

Ausblick

Spediteure müssen sich darauf einstellen, dass die Situation auch im zweiten Quartal dieses Jahres andauern wird. Eine Entspannung der Lage wird frühestens für Q3/2021 erwartet. Damit rechnet auch Jeremy Nixon, Geschäftsführer des japanischen Carriers Ocean Network Express (ONE). Er erwartet, dass die angespannte Situation noch weitere drei bis vier Monate andauern und der Handel sich erst in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren wird. Rolf Habben Jansen, CEO von Hapag-Llyod, prognostiziert ebenfalls, dass die aktuell hohen Volumina noch mindestens bis zum dritten Quartal andauern werden. Durch die Kombination aus knappen Verfügbarkeiten von Containern und Schiffen und den Verzögerungen bei den Terminals habe sich ein „perfekter Sturm“ entwickelt, durch den sich alle Beteiligten durcharbeiten müssen.